Einwohner
1930: 572 Deutsche / 46 Andere
1940: 696 Deutsche / 7 Andere
Karte
Historie
Wir wollen auch einmal mit dem Ende eines Gemeindeberichtes beginnen. Luther selbst hat uns gelehrt, man müsse, wie man das hebräisch verfasste Alte Testament vom Ende zum Anfang der Zeilen liest, so auch in der Geschichte am Ende beginnen. Vieles wird uns dann verständlicher, und wir werden uns über uns selber klarer, und das bedeutet, auch dankbarer. Ein Alexanderfelder schreibt: „Bei der Umsiedlung im Herbst 1940 mag so mancher Alexanderfelder den Wunsch gehabt haben, einmal wieder in diese ehemalige Heimat besuchsweise zurückzukommen. Mir ging dieser Wunsch Mitte April 1944 in Erfüllung. Auf dem Rückzug von Südrussland befand ich mich mit noch einem, dem Pfarrer aus dem Rheinland, Unteroffizier Pfaff, auf der Bahnfahrt von Tighina über Bessarabeasca-Reni-Galatz nach Braila zu unserer Einheit. in Greceni stiegen wir aus und wanderten nach Barlaceni zu einem Bekannten meines Vaters. Er fuhr uns mit dem Pferdefuhrwerk nach Alexanderfeld. Schon bei der Anfahrt stieg in mir ein unbehagliches Gefühl auf. Die so vertraute, früher aus der Ferne sichtbare Kirchturmspitze, konnte ich bei aller Anstrengung nicht erblicken. Bei der Einfahrt ins Dorf bot sich uns ein Anblick ungepflegter, einsturzgefährdeter Häuser und Straßenmauern dar. Gar bald entdeckte ich auch schon die ersten Häuserruinen, ausgebrannt lagen sie da. Bald hielt der Wagen auf dem Hofe meiner Eltern. Zu meiner großen Bestürzung konnte ich da, wo noch vor vier Jahren mein Elternhaus stand, nur ein paar Schutthaufen erblicken. Gleich daneben stand früher der schöne Bau der Kirche. Und jetzt? Es waren nur noch die Grundmauern übriggeblieben. Eine gähnende Leere starrte mir aus den ausgebrannten, schwarzgeräucherten, hohen Fensterlöchern entgegen. Die Furie des Krieges hatte im Juli 1941 bei der Rückeroberung Bessarabiens durch die Rumänen auch unser Dorf schwer heimgesucht. Wir besuchten noch das Grab meines Vaters. Auch der Friedhof zeigte deutliche Spuren grausamer Verwüstungen. Unbekannte ehrfurchtsvolle Menschen hatten inzwischen umgeworfene Grabsteine und abgeschlagene Kreuze wiederaufgerichtet. Innerlich geschlagen, angesichts dieser Spuren des Schreckens, verließen wir die letzte Ruhestätte der Toten von Alexanderfeld. Wir fuhren durch das nun ausgestorbene Dorf, denn wir wussten ja, wer auf unseren Fersen folgte."
Obwohl nur noch Ruinen zu sehen waren, konnte man doch an diesen erkennen, wieviel Arbeit, Fleiß und Gottesfurcht hier, wenn auch oft unter Heimweh und Tränen, eine so schöne Heimat aufgebaut hatten.
Die Gemeinde ist 1907 von achtundvierzig Neusiedlern aus elf bessarabischen Muttergemeinden und einer chersonischen Muttergemeinde gegründet worden: Dennewitz, Alt-Elft, Paris, Neu-Elft, Plotzk, Teplitz, Lichtental, Sarata, Hoffnungstal, Gnadental, Tarutino und Alexanderhilf. Eine Familie kam aus der Tochtergemeinde Hoffnungsfeld.
Das Land, 2683 Deßjatinen, wurde zu dem Preise von 160 Rubel pro Deßjatine von der adligen Frau Elisabetha Nikolaewna Garting gekauft und in Abwandlung des Familiennamens „Gartenfeld" genannt, später in „Alexanderfeld" umgetauft. Die Kreisstadt Kahul ist 20 Kilometer entfernt, die Bahnstation Greceni an der Bahnlinie Galatz – Leipzig – Akkerman nur 10 Kilometer.
Das Ziel war, sobald als möglich die erste Aussaat zu bestellen, und so nahmen einige Familien vorübergehend Wohnung in dem benachbarten fremdstämmigen Dorfe Gawanoasa oder begnügten sich mit primitiven Nothütten aus Rohr mit Lehmbewurf. Drei Jahre darauf errichtete die Gemeinde eine Bauziegelbrennerei und entfaltete bei der Errichtung wetterfester und schöner Häuser eine rege Bautätigkeit. Nachdem auch ein Bet- und Schulhaus errichtet und der Friedhof angelegt war, hatte man die Voraussetzungen für ein Gemeinwesen geschaffen.
Dagegen war die Versorgung mit Trinkwasser noch nicht ausreichend geregelt. Auf der westlichen Dorfseite waren die Wasservorräte nicht ausreichend. Der Gemeindebrunnen in der Mitte des Dorfes reichte auf die Dauer auch nicht aus. Mit einem Kostenaufwand von 120.000 Lei gruben elf Bewohner einen Brunnen und betonierten ihn mit Zementringen von 1,20 Meter Durchmesser gegen Sandgeröll aus; nachdem auch die Familie Scherer einen solchen Brunnen gegraben hatte, war die Trinkwasserfrage gelöst. Die Mehrheit der Bewohner betrieb auf dem verhältnismäßig guten Boden Landwirtschaft. Man säte Winterweizen, Gerste, Hafer, Hirse und baute zur Verbesserung des Landes Mais an, in dem letzten Jahrzehnt auch Ölfrüchte wie Soja- und Rizinusbohnen. Die Ölsaaten behielten den guten Preis, da ihrem Anbau Verträge mit deutschen Firmen zugrunde lagen. Der steigende Wohlstand der Bewohner erlaubte neuen Landkauf. Zu den 2683 Deßjatinen von der Gräfin Garting bei der Ansiedlung gekauften Landes erwarben einige Familien noch 400 Hektar von den Erben Efimow, 100 Hektar vorn Gute Sokolow, 100 Hektar vom Gute Atanasulis und 30 Hektar vom Gute Netusche, zusammen 630 Hektar. Die Missgunst der Russen äußerte sich 1917, als russisches Militär, von neiderfüllten und rachgierigen Russen der Umgebung aufgehetzt, in dem Dorfe hauste. Durch die Agrarreform wurden 131 Hektar enteignet. Die noch von dem Landkauf bei der Gräfin Garting in der Chersoner Bank bestehende Schuld wurde 1921 mit entwertetem Gelde bezahlt.
Vom Jahre 1908 bis 1912 gehörte Alexanderfeld zum Kirchspiel Fere-Champenoise I, wurde in den Vakanzzeiten auch von Arzis, Tarutino und Klöstitz aus mitversorgt. Seit 1914 gehört die Gemeinde als Hauptgemeinde zum Kirchspiel Albota. Der Pastor, der der Reihe nach in den Hauptgemeinden Gottesdienst hielt, wurde an den übrigen Sonntagen vom Küsterlehrer vertreten. Im Notfalle haben auch Gemeindeglieder den Küster im Lesegottesdienst vertreten. Wir gedenken hier zweier Männer, die der Gemeinde aus freiem Willen gedient haben: Friedrich Müller hielt von 1915 bis 1917, als kein Lehrer da war, den Lesegottesdienst und vertrat den Küster, und Johannes Blum, der als Lehrer, Primar (Dorfschulz) und in allen sonstigen Belangen Helfer der Gemeinde war. Nach der Schule und dem Bethaus der ersten Jahre entstand die schmucke Kirche, erbaut im Jahre 1930 in gotischem Baustil mit einem Kostenaufwand von 1.700.000 Lei. Auf diesen Bau konnte die Gemeinde, die außer den Geldmitteln viel Frondienste leistete, stolz sein. Über dem Portal stand der Spruch: „Ich will Frieden geben an diesem Ort" (Haggai 2, Vers 9). Die Kirche wurde am 2. November 1930 eingeweiht. Um den Bau haben sich Lehrer Wilhelm Wagner und Kurator Andreas Knodel besonders verdient gemacht.
In der Schule entfaltete von 1917 bis 1927 Otto Lehmann, Küster, Lehrer und Jugenderzieher eine segensreiche Tätigkeit. Ihm folgten Artur Schaupp und Wilhelm Wagner, der Verfasser der Chronik von Alexanderfeld, und G. Thilemann.
Das letzte große Werk des christlichen und deutschen Gemeinschaftsgeistes und Opfersinnes war die am 30. Oktober 1939 eingeweihte neue Volksschule mit Klassenräumen für 224 Kinder und einer Lehrerwohnung. Die Baukosten betrugen ohne Eigenleistungen 628.500 Lei. Ja, wer hat es der kleinen Gemeinde nachgemacht: in knapp einem Jahrzehnt mit den Fronfuhren mindestens 2,5 Millionen Lei Ausgaben für Kirche und Schule! Dabei wurde die Schule als Kirchenschule bis zur Umsiedlung erhalten! Das waren unsere Väter!
Der Kämpfer um diese Güter der Reformation in der Gemeinde waren viele, doch wollen wir hinweisen auf: Emanuel Gehring, Andreas Blum, Michael Schöttle, Karl Schulz, Joh. Schulz, Friedrich Müller, Andreas Knodel, Jakob Raab und auf die Lehrer Otto Lehmann, W. Wagner, Gottlieb Thilemann. In dieser Reihe sind der Dorfschulz, Kurator, Küster, Lehrer so gut vertreten wie das Gemeindeglied.
Die Unisiedlung riss die Gemeinde aus einem beispielhaften Schaffen, Ruinen blieben zurück. Sind aber die Werke aus Gottes Geist getan, so gilt von ihnen das Wort: „Denn ihre Werke folgen ihnen nach" (Offenbarung 14, Vers 13).
Nach der Kartei festgestellte Verluste unter den Zivilpersonen (Stand vom 31. Dezember 1964)
Verschleppte: 13
Auf der Flucht und in der Verschleppung Verstorbene: 12
Quelle: Heimatbuch der Bessarabiendeutschen v. Pastor Albert Kern S. 97-99