Heimatgemeinde
Bessarabien-Logo
Bessarabien­deutscher
Verein e.V.
Dobrudscha-Logo

Alexandrowka

Alexandresti von 1940 bis 1995, Burlaku von 1995

Gründungsjahr

1908
Alexandrowka
Alexandrowka

Einwohner

Volkszählung 1930: 600 Deutsche / 118 Andere
Einwohner 1940: 688 Deutsche / 173 Andere

Karte

Möchten Sie externe Inhalte von GoogleMaps laden?

Historie

Um die Zeit, als schon das unterirdische Grollen im Zarenreich vernehmlich war und die deutschen Kolonisten während der Revolution von 1905 an dem Beispiel der in den deutschen Kolonien Schutz und Zuflucht suchenden Juden aus den Städten Akkerman und Odessa auf ihr eigenes Schicksal schließen konnten (schon seit 1880 war der Deutschenhass offensichtlich), hörten sie nicht auf, neue Landstriche zu kaufen und zu besiedeln. Aber, was kann man ihnen für einen Vorwurf machen? Das Geld musste angelegt werden. Die Wirtschaften in den Muttergemeinden wurden immer kleiner, da auch den Töchtern Land gegeben wurde. Die Auswanderung nach Übersee war nicht einfach; denn es war für damals ein Abschied für immer: einerseits konnten sich nur die ganz Reichen einen Besuch in beiden Richtungen erlauben, andererseits, und das gereicht unseren Vätern nur zur Ehre, schrieben doch die Vorausgegangenen, dass drüben die Kinder nur noch Englisch lernen und die Muttersprache verlieren. Das bedeutete zugleich, das Wort Gottes nicht mehr in der uns von Gott geschenkten lutherischen Bibelübersetzung lesen zu können, und das hieß, Schaden an der Seele nehmen. Davor aber schreckten sie zurück. – So wählten viele strebsame und fortschrittlich gesinnte junge Familien den Weg in neue Siedlungen. Da gab es ja auch noch Heimweh und Tränen genug. Doch konnte der Mann, wenn die Frau zu viel weinte, „einspannen" und in einem Tag in das Herz des alten Siedlungsgebietes fahren. Wie stolz war der Jungbauer auf die treuen Pferde, und wie schlug das Herz höher, wenn die vertrauten Kirchtürme des Geburtsortes sichtbar wurden!

So dachten wenigstens einige der Familien aus Neu-Elft, Wittenberg, Alt-Posttal, Mannsburg und Benkendorf, die im Jahre 1907 von dem Großgrundbesitzer Abatschi-Alexandrow einen Landstrich von 2555 Hektar ankauften und nacheinander erwarben. Es waren zu 87 Prozent fruchtbares Ackerland, 8 Prozent Weide und 5 Prozent Weinberge. Das neugegründete Dorf lag neben dem Weidetal und hatte eine 1680 Meter lange Straße, die in nördlicher Richtung auf die Gemeinde Eichendorf und Baimaklia und in südlicher Richtung auf die deutschen Gemeinden Sofiewka und Albota wies.

Was Alexandrowka auszeichnete, war die rasche Aufwärtsentwicklung auf allen Lebensgebieten. Der gute Boden und die an die neuzeitlichen Forderungen angepasste Gestaltung der Bodenbearbeitung führten zu guten Ernteerträgen. Auch die gute Absatzmöglichkeit auf den naheliegenden „Getreideumschlagplätzen" Taraklia, Gotesti, Baimaklia und Bolgrad sicherten einen besseren Getreidepreis. Es ist kaum einem Menschen aus Ländern mit stabilen Preisen klarzumachen, was eine für den Absatz günstige Lage, etwa die Nähe eines Bahnhofes oder Hafens, bedeutete: einen großen Prozentsatz am Werte der ganzen Ernte. Im Herbst pachteten die Alexandrowkaer nach einem guten Erlös noch Land hinzu und wurden auf diese Weise wohlhabende Leute.

Die Landwirtschaft blieb die Hauptbeschäftigung. Handwerk und Industrie waren nur vertreten durch einen Schuhmacher, einen Tischler, einen Sattler und zwei Schmiede. Eine Walzen- und Schrotmühle sorgten für den Eigenbedarf, auch war eine Ölmühle da. Der Handel lag fast ganz in deutschen Händen, obwohl im Oberdorf auch 173 Andersstämmige ansässig waren. Kirchlich gehörte Alexandrowka als Hauptgemeinde zum Kirchspiel Albota. Auf das kirchliche Leben hielten die Bewohner sehr viel. Die Gottesdienste waren sehr gut besucht, ebenso die Brüderversammlungen. Auch für die Kirchenschule sorgte die Gemeinde gleichermaßen. Im Jahre 1909 erstellte sie einen Bau, der für die Gottesdienste und für zwei Schulklassen Raum hatte. Unter demselben Dach war auch die Küsterwohnung. Ein Jahr darauf wurde ein Glockenstuhl gebaut und zwei Glocken angeschafft. Der politischen Gemeinde war ein Kanzleiraum zur Verfügung gestellt und den Gemeindedienern ein Haus gegenüber dem Bethaus. Desgleichen stand allen Bewohnern das Wasserreservoir zur Verfügung, in welchem das gute Trinkwasser aus einer Quelle eingefangen war. Von hier holten die Bauern das köstliche Nass mit Fässern und füllten die Zementbrunnen auf den Höfen.

Zum Schluss sei der Männer gedacht, denen die Gemeinde ihren raschen Fortschritt verdankt: Es war dies der altehrwürdige Lehrer Alexander Unterseher. Er war in der Zeit von 1912 bis 1929 nicht nur Küster und Lehrer, sondern nebenbei auch erster Kurator, Direktor der Volksbank und Buchhalter des Konsums. Neben ihm seien erwähnt Johann Haase, Johann Schaible, Jakob Schaupp, Reinhold Speck, Daniel Schaible, Jakob Sulz, Daniel Quast, Johann Lutz, Jakob Helber und Gottlieb Klaiber. Die Umsiedlung unterbrach den Aufstieg der Gemeinde für immer.

Nach der Kartei festgestellte Verluste unter den Zivilpersonen (Stand vom 31. Dezember 1964)

Verschleppte: 5
Auf der Flucht und in der Verschleppung Verstorbene: 19

Quelle: Heimatbuch der Bessarabiendeutschen, Pastor Albert Kern, S. 100 f.