Karte
Einwohner
Volkszählung 1930: 1.190 Deutsche / 90 Andere
Einwohner 1940: 1.210 Deutsche / 35 Andere
Glaubensrichtung
Gnadental gehörte zum Kirchenspiel Sarata.
Das erste Bethaus war 1833 auf dem großen, freien Platz in der Dorfmitte errichtet worden. Ein Schulsaal und ein Glockenstuhl mit einer Glocke gehörten dazu sowie die Lehrerwohnung.
Im Schulgebäude, welches 1847 errichtet wurde, schuf man durch die Herausnahme einer Zwischenwand, die Schulsaal und Betsaal trennte, einen großen Kirchenraum. 1848 kauften die Gnadentaler eine Orgel für das Bethaus, die 1909 für 150 Rubel nach Neu-Sarata verkauft wurde. Danach konnte in der Kirche eine neue große Orgel eingebaut werden.
Im Jahr 1880 war die Grundsteinlegung für den Kirchenneubau. Es handelte sich um eine sehr stattliche Kirche, die 650 Besuchern Platz bot. Die Kosten beliefen sich auf 25.000 Rubel. Im Vergleich dazu, die Kirche in Paris kostete 37.000 Rubel, die Kirche in Kulm 14.000 Rubel. Die Einweihung der Kirche konnte schon 1881 stattfinden.
Das große, bunte Abendmahlbild am Halbrund der Decke in der Apsis war der Blickfang für jeden Kirchenbesucher.
Hauptbeschäftigung
Landwirtschaft
Nach anfänglich geringen Ernten konnte 1835 erstmals eine gute Ernte eingebracht werden.
Die Landwirte in Gnadental bauten hauptsächlich Winter- und Sommerweizen, Gerste, Hafer und Mais an. Obst- und Weinbau wurde ebenso betrieben. Die Viehzucht war anfänglich unrentabel. Später, als die Tierseuchen eingedämmt waren, betrieben die Siedler ab 1900 mehr Milchwirtschaft, die dann auch sehr erfolgreich war. Durch deren Gewinn wurden in Gnadental und Friedenstal neuzeitliche Milchverarbeitungsstellen eingerichtet, deren Produkte weithin in Bessarabien und Rumänien bekannt waren.
Der Weinanbau war aufgrund der Boden- und Klimaverhältnisse anfänglich nicht sehr ertragreich, gewann aber immer mehr an Bedeutung.
So konnte ihm Jahr 1900 Trauben für 625.000 Liter Wein geerntet werden, der sich jedoch aufgrund des regionalen Überangebots nicht absetzen ließ. Es wurde nicht berichtet, was aus dem Rest des Weins wurde.
Die landwirtschaftliche Produktivität wurde durch die Zusammenlegung der Wirtschaften im Jahre 1912 erhöht. Gnadental war hierbei beispielgebend für die anderen Kolonien.
Handel und Gewerbe
Erst spät bildeten sich reine Handwerksbetriebe. Bei der Umsiedlung gab es in Gnadental einen Betrieb, der landwirtschaftliche Maschinen herstellte, sowie eine Tuchfabrik. Die meisten handwerklichen Arbeiten wurden nur als Nebenbeschäftigung betrieben. Im Jahre 1872 mahlten in Gnadental 3 Windmühlen und 6 Rossmühlen das Getreide. Später kam noch eine Dampfmühle hinzu. In den letzten Jahren des Bestehens der Gemeinde waren jedoch alle Mühlen bis auf eine abgebaut worden. Somit musste das Getreide auswärts gemahlen werden.
Im Jahre 1889 eröffnete Bernhard Stähle seine Manufaktur- und Kolonialwarenhandlung. Er schloss sein Geschäft jedoch 1906 wieder, als die Gemeinde eine Lafka (Konsum) errichtete. Fahrende Händler, vor allem jüdische Bewohner Bessarabiens, boten ihre Waren feil.
Die im Jahr 1924 gegründete Molkerei und die später gegründete zentrale Absatzstelle in Galatz wirtschafteten sehr erfolgreich.
Schulwesen und kulturelles Leben
In den ersten siebzehn Jahren waren Landwirte aus der Gemeinde als Lehrer tätig.
Die ersten Schulstunden wurden im Hause des Gottlieb Traub abgehalten. 1846 trat J.J.Koch aus Deutschland als angestellter Lehrer in den Schuldienst. Das erste Schulgebäude wurde 1847 errichtet. Es wurde anfänglich auch als Betsaal benutzt. Im Jahr 1862 entstand in Gnadental ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung. 1907 wurde ein weiterer Schulbau errichtet, 1912 waren vier Lehrer angestellt.
1925 entstand ein Jugendverein. Die Jugend des Dorfes nutzte die Gelegenheit, gemeinsam zu Singen und zu Tanzen. An Winterabenden standen Vorträge zur Fortbildung auf dem Programm.
Es gab einen Bauernverein, einen Bläserchor und an den Theaterabenden war das ganze Dorf eingeladen.
Historie
Gründung
Die Gemeinde Gnadental wurde im Jahr 1830 gegründet. Die ersten Ansiedler waren Württemberger Kolonisten, die über den Landweg nach Bessarabien kamen. Nach den ersten zehn Familien folgten noch im selben Jahr zwölf weitere.
Einwandererfamilien aus den Württemberger Oberämtern Schorndorf, Waiblingen,
Cannstadt (heute Bad Cannstatt), Ludwigsburg und Marbach. Im Jahr 1833 war die Ansiedlung abgeschlossen. Der Ort hatte 455 Einwohner, die in 80 Familien lebten. Die Anwerbung der Siedler durch Zar Alexander I. war bereits zehn Jahre zuvor eingestellt worden. Das hatte zur Folge, dass die Siedler in Gnadental weder finanziell noch durch Materiallieferungen unterstützt wurden. Nachdem die Reise die Barbestände aufgezehrt hatte, mussten sie durch andere Gemeinden unterstützt werden.
Die Ansiedlung erfolgte auf dem Landstück, das 1822 von Probst Lindl (Sarata) zur Verfügung gestellt worden war.
Da bereits 1829 vom Fürsorgekomitee entschieden wurde eine Kolonie zu gründen, hatten die Ansiedler das Recht auf die Landzuteilung (Kronsland). Die in den Jahren 1834 bis 1842 eingewanderten Siedler mussten ihre Wirtschaften kaufen. Achtzig Höfe mit je 60 Desjatinen (ca. 66ha) Land wurden von der Verwaltung zugeteilt. Acht Familien blieben als Landlose übrig, die auf Hofstellen zugeteilt wurden.
Das Dorf wurde Neu-Sarata oder offiziell „Sarata No.2Litt.A“ benannt. Kurz nach der Ansiedlung fassten die Einwohner den einstimmigen Beschluss, wieder nach Württemberg zurückzukehren. Vermutlich waren die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse, Missernten, Viehseuchen und ihr Heimweh ausschlaggebend dafür. Sie blieben trotz dieses Wunsches in Gnadental. Vermutlich fehlten einfach die finanziellen Mittel dafür.
Der Name Gnadental geht auf die Gnade Gottes zurück, die die Siedler zwei Jahre nach der Ansiedlung erfahren durften. Im Jahre 1831 brach die Cholera aus. Es starben 70 Personen. Als die Sterberate zurück ging dankten die Einwohner für Gottes gnädige Hilfe.
Umsiedlung
Am 23. September 1940 verließen die ersten Omnibusse mit Kranken, Frauen und
Kindern das Dorf in Richtung Donauhafen Kilia. Am 17. Oktober 1940 Uhr zog der Treck der Männer los. Ihr Ziel war Galatz. Dort wurde das gesamte Gepäck auf Schiffe verladen, die dann donauaufwärts zum Auffanglager Prahova fuhren.
Frauen und Kinder waren bereits schon in Böhmisch-Leipa im Sudetenland in einem Umsiedlungslager als am 11. November auch die Männer des Trecks eintrafen. Außer den Bürgern von Gnadental waren im Umsiedlungslager Böhmisch-Leipa noch Bewohner von Neu-Arzis und dem Weiler Demir-Chadschi untergebracht; insgesamt mehr als 1.700 Menschen.
Im Frühjahr 1941 verlegte die Umsiedlungskommision die Gnadentaler ins Ansiedlungslager Waldhorst bei Łódź. Von dort aus verteilte man die Bauern auf landwirtschaftliche Anwesen in Polen. Damit endete die Dorfgemeinschaft Gnadental.
Literatur/Referenzen
Quellen und Literaturverzeichnis:
„Heimatbuch der Bessarabiendeutschen“, Herausgeber Albert Kern
Festschrift 150-Jahrfeier der ehemaligen Gemeinde Gnadental in Bessarabien, Zusammenstellung:
Wilhelm Krug
Heimatbuch Gnadental / Heimatausschuss Gnadental
Wikipedia Organisation
Bildnachweis: Bessarabiendeutscher Verein e.V., Stuttgart,
12.10.2014 / HSN