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Paris

Veselyj Kut, Ukraine bis heute?

Gründungsjahr

1816 (Kern, A. (1976), S.13)

Siedlungsnummer

10 (Kern, A. 1976)

Kreis

Akkerman (Kern, A. (1976), S.129ff)
Paris
Paris

Landmenge (Hektar) – bei Gründung/bei Umsiedlung

Beginn: 7.141 Hektar

Vor Umsiedlung 1940: 7.141 Hektar (Kern, A. (1976), S.13)

Bedeutung des Namens

Der Name „Paris“ wurde von der Zarenregierung gewählt, um den Sieg der verbündeten Mächte über Napoleon zu ehren. Zuvor hatte die Kolonie den rätselhaften Namen „Alecksüßwerth“, der dann umbenannt wurde. Der Name erinnert an den Sieg der Alliierten in der Nähe von Paris im Jahr 1814. (Kern, A. (1976), S.129ff.)

Lokalisierung – damals/heute

Paris lag in der historischen Region Bessarabien, im Kreis Akkerman, nahe der heutigen Grenze zur Ukraine. Heute befindet sich der Ort im Gebiet der Ukraine (nahe dem heutigen Izmail) und heißt Wesselyj Kut/Веселий Кут (Kern, A. (1976), S.129ff.).

Gründerfamilien

Die Siedler kamen hauptsächlich aus Gebieten des heutigen Polen, insbesondere aus der Region um Warschau und Kalisch. Ihre Vorfahren stammten ursprünglich aus Mecklenburg und Pommern. Viele der ersten Siedler waren plattdeutsche Bauern, die das Land urbar machten. (Kern, A. (1976), S.129ff.)

Einwohner

Einwohner 1930: 1607 Deutsche / 67 Andere
Einwohner 1940: 1614 Deutsche / 103 Andere 

[Kern, A. 1976]

Anzahl der Familien Umsiedlung

119 Familien bei der Gründung; 1940 waren es deutlich mehr Familien, als die Bevölkerung wuchs.  (Kern, A. (1976), S.13).

Karte

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Besonderheiten der Kolonie

Paris war bekannt für seine gut erhaltene plattdeutsche Mundart und das Handwerk der Gabelmacherei, das in der Region weit verbreitet war. Auch der Weinbau war ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Paris erlebte eine besondere Entwicklung, als eine Bahnlinie von Leipzig nach Akkerman gebaut wurde (1913–1915), was die Region weiter erschloss. Die Kolonie war auch administrativ wichtig und hatte eine zentrale Poststation sowie während des Krieges eine wichtige Funktion für die deutschen Soldaten. Zudem war die Kirche „Steppendom“ ein zentrales Bauwerk der Kolonie.

Dominante Sprache und Mundart

Die dominante Sprache war Deutsch, wobei vor allem die plattdeutsche Mundart in Paris erhalten blieb. (Kern, A. (1976), S.129ff.)

Glaubensrichtung

Die Kolonie war überwiegend evangelisch-lutherisch. Die Kirchengemeinde spielte eine zentrale Rolle im sozialen Leben der Kolonie, und es wurde eine große Kirche gebaut, die 1904/05 eingeweiht wurde. (Kern, A. (1976), S.129ff.)

Hauptbeschäftigung

Die Hauptbeschäftigung war die Landwirtschaft, insbesondere der Anbau von Getreide und Wein. Darüber hinaus war das Handwerk der Gabelmacherei von großer Bedeutung, und Paris hatte einen regionalen Ruf für die Herstellung hochwertiger landwirtschaftlicher Werkzeuge. (Kern, A. (1976), S.129ff.)

Historie

Paris wurde 1816 als Kolonie Nr. 10 gegründet, erhielt später den Namen „Alecksuesswerth“ und wurde dann in „Paris“ umbenannt. Paris gehörte zum Wolost (Gebiet) Klöstiz. Die meisten der neuen Kolonisten kamen aus Polen, aus einem Dorf, das in der Nähe der Stadt Kalisch lag. Es waren Bauern aus Norddeutschland, die sich dort Ende des 18. Jahrhunderts niedergelassen hatten. Im Jahre 1813 folgten sie dem Ruf von Zar Alexander I. und brachen nach Bessarabien auf. Die Reise von Polen über Land war beschwerlich. Die Gruppen hatten keinen Führer und waren nur mit Reisedokumenten unterwegs, die ihnen von den russischen Behörden abgenommen wurden.  Die Neuankömmlinge erhielten dann neue, oft fehlerhafte Dokumente. Dies erklärt auch, warum in den Listen der ersten Kolonisten die Ortsangabe der Herkunft fehlt und meist nur „Polen“ steht. Die Neuansiedler mussten sich beinahe zwei Jahre als Knechte und Arbeiter bei Familien in moldauischen Dörfern im Raum Bendery verdingen. Sie mussten warten, bis das Land vermessen und das Baumaterial beschafft war. 

Paris war zweigeteilt. Die eine Hälfte des Ortes lag auf dem Berg, die andere im Tal. Paris hatte eine ca. vier Kilometer lange „Prachtstraße“, die an beiden Seiten mit je zwei Reihen Akazien- und Ahornbäumen besetzt war. Als Besonderheit von Paris galt, dass in dieser Gemeinde die plattdeutsche Mundart  mehr als in anderen Gemeinden bewahrt wurde. Die Einwohner der schwäbischen  Gemeinden bezeichneten die Pariser oft als Gelbfüßler und deren Sprache als „kaschubisch“. Die Pariser nannten dafür die schwäbischen Siedler auch „Blitz Schwoba“. 

Orte

Kirche
Die Kirche von Paris, bekannt als „Steppendom“, wurde 1904/05 mit 900 Sitz-plätzen für 37.000 Rubel erbaut – finanziert durch Gemeindeerlöse, ein Darlehen und Eigenleistungen der Bewohner. Schon zuvor besaß Paris eine Kirche mit Turm. Die Kirchengemeinde spielte eine zentrale Rolle und errichtete auch die Schule sowie die Dorfkanzlei. Paris war seit 1872 Verwaltungssitz und wurde um die Jahrhundertwende ein regionales Zentrum. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb die Kirche Schauplatz von Gottesdiensten, Hochzeiten, Konfirmationen und Dorffesten und prägte das kulturelle Leben der deutschen Kolonie.
Bahnhof
Der Bahnhof von Paris wurde zwischen 1913 und 1915 an der Bahnstrecke Leipzig–Akkerman errichtet. Die Gemeinde stellte dafür Land bereit und baute das Stationsgebäude selbst. Der Bahnhof verlieh Paris wirtschaftliche Bedeutung und diente als wichtige Verbindung für Handel und Transport. Zeitweise beherbergte er eine Poststation, die während des Ersten Weltkriegs uneingeschränkt Pakete an deutsche Soldaten annahm. Auch in der rumänischen Zeit sollte Paris durch seine Lage ein administratives Zentrum werden. Der Bahnhof blieb bis zur Umsiedlung 1940 ein bedeutender Knotenpunkt für die Region.
Kanzlei
Die Dorf- und Gebietskanzlei von Paris war ein zentraler Verwaltungssitz der Kolonie. Seit 1872 diente Paris als Gebietsamt, wodurch die Kanzlei eine wichtige Rolle in der regionalen Verwaltung übernahm. Die Kirchengemeinde finanzierte ihren Bau, zusammen mit einer Wohnung für den Schreiber. Die Kanzlei war Sitz des Oberschulzen und des Dorfschulzen, die gemeinsam über Gemeindeangele-genheiten entschieden. In der rumänischen Zeit wurde Paris aufgrund seiner Lage als mögliches administratives Zentrum betrachtet. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb die Kanzlei das politische und organisatorische Herz der deutschen Gemeinde.
Konsum
Der Konsumladen von Paris war eine zentrale wirtschaftliche Einrichtung der Ge-meinde. Er wurde von der Dorfgemeinschaft betrieben und trug maßgeblich zur Finanzierung öffentlicher Projekte bei, darunter der Bau der Kirche 1904/05, zu dem er 8.000 Rubel beisteuerte. Der Laden versorgte die Bewohner mit Waren des täglichen Bedarfs und stärkte die lokale Wirtschaft. Als genossenschaftlich organisiertes Geschäft war er ein Symbol für den Gemeinschaftssinn der Kolonisten. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb der Konsumladen ein wichtiger Bestandteil des dörflichen Lebens.
Bauernhof von Daniel Allmer
Die Bauernhöfe in Paris waren das wirtschaftliche Rückgrat der Kolonie und prägten das Dorfbild. Die Siedler betrieben vor allem Ackerbau und Viehzucht, später kam der Weinbau hinzu, der den Wohlstand der Gemeinde steigerte. Typ-ische Höfe bestanden aus Wohnhaus, Stallungen, Scheunen und großen Gärten. Viele Bauern spezialisierten sich zudem auf das Handwerk der Gabelmacherei, deren Produkte bis in den Kaukasus bekannt waren. Trotz harter Arbeit sicherten die Bauern sich und ihren Familien ein stabiles Auskommen. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb die Landwirtschaft die Hauptbeschäftigung der Bewohner von Paris.
Friedhof
Die Bauernhöfe in Paris waren das wirtschaftliche Rückgrat der Kolonie und prägten das Dorfbild. Die Siedler betrieben vor allem Ackerbau und Viehzucht, später kam der Weinbau hinzu, der den Wohlstand der Gemeinde steigerte. Typ-ische Höfe bestanden aus Wohnhaus, Stallungen, Scheunen und großen Gärten. Viele Bauern spezialisierten sich zudem auf das Handwerk der Gabelmacherei, deren Produkte bis in den Kaukasus bekannt waren. Trotz harter Arbeit sicherten die Bauern sich und ihren Familien ein stabiles Auskommen. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb die Landwirtschaft die Hauptbeschäftigung der Bewohner von Paris.
Schule
Die Schule von Paris spielte eine zentrale Rolle im Bildungswesen der Kolonie und wurde von der Kirchengemeinde finanziert. Neben den Klassenräumen verfügte sie über zwei Lehrerwohnungen. Der Unterricht fand in deutscher Sprache statt, wodurch die plattdeutsche Mundart der Siedler erhalten blieb. Bereits vor dem Bau der neuen Kirche gab es in Paris eine Schule, die eng mit der Kirchengemeinde verbunden war. Neben der allgemeinen Bildung wurden auch religiöse Inhalte vermittelt. Die Schule diente der Ausbildung mehrerer Generationen und sicherte das Fortbestehen der deutschen Kultur. Bis zur Umsiedlung 1940 blieb sie das wichtigste Bildungszentrum der Gemeinde.
Küsterwohnung
Die Küsterwohnung in Paris war eng mit der Kirche verbunden und diente dem Küster als Wohn- und Arbeitsstätte. Der Küster übernahm neben seinen kirch-lichen Aufgaben auch organisatorische Tätigkeiten innerhalb der Gemeinde, wie die Pflege der Kirche und die Unterstützung des Pfarrers. Die Wohnung befand sich in unmittelbarer Nähe zur Kirche, wodurch der Küster stets für Gottes-dienste und andere kirchliche Veranstaltungen bereitstand. Seine Rolle war von großer Bedeutung für das geistliche und soziale Leben der Kolonie. Bis zur Um-siedlung 1940 blieb die Küsterwohnung ein fester Bestandteil des kirchlichen Gemeindelebens.

Literatur/Referenzen

Kern, A. (1976): Heimatbuch der Bessarabiendeutschen

Weitere Literatur

Suckut, A. (1986): Paris in Bessarabien. Chronik der Gemeinde Paris und Neu-Paris in Bessarabien. (Hrsg.) Erschienen im Eigenverlag. Waiblingen-Hegnach.

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