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39. Kirchentag in Hannover

Erika Wiener , Karl-Heinz Ulrich ·
Am Stand des Konvents der ehemaligen evangelischen Ostkirchen e.V
Am Stand des Konvents der ehemaligen evangelischen Ostkirchen e.V

Am Stand der ehemaligen evangelischen Ostkirchen

In den Hallen 5 und 6 auf dem Messegelände hatte der Kirchentag den „Markt der Möglichkeiten“ untergebracht. Als ich die Halle 5 betrete, empfängt mich ein lautes Stimmengewirr. Versammelt hat sich dort eine riesige Vielfalt von Aktionsgruppen der evangelischen Kirche. Es ist unglaublich, wer sich dort alles mit seinem Engagement präsentiert. Wer die Hallen nicht besucht hat, wird es nicht glauben, wo überall sich evangelische Kirche durch Haupt-, aber noch viel mehr durch Ehrenamtliche aktiv für Menschen engagiert. „Brot für die Welt“ kennt jeder, aber wer kennt schon die „Deutsche Seemannsmission“? Unsere Diakonie kennt auch jeder, aber wer weiß schon, dass es in Polen auch ein sehr aktives Diakonisches Werk gibt, das sehr stark ukrainische Flüchtlinge unterstützt?

In jedem westeuropäischen Land gibt es evangelische Kirchen, das weiß fast jeder, aber dass es in fast allen Ländern Osteuropas bis zum Ende des 2. Weltkriegs große deutsche Siedlungsgebiete mit evangelischer Bevölkerung gegeben hat, das wissen bei uns heute die Wenigsten. Um das wieder ins Bewusstsein zu rufen, haben sich diese „Ehemaligen“ zusammengeschlossen, im Konvent der ehemaligen evangelischen Ostkirchen e.V., der auch von der EKD getragen wird.

Wenn man sich dem Stand H 13 in der Halle 5 nähert, fallen einem besonders die großen Landkarten an der Rückwand des Standes auf. Sie wirken auf viele, die sich für dieses Thema interessierten, wie ein Magnet. Um Details auf den Karten zu erkennen, die in den Ländern Osteuropas ehemalige deutsche/evangelische Siedlungsgebiete farblich markierten, musste man näher herantreten. Dort warten dann schon die Mitglieder des Vereins, die etwa zehn ehemalige Kirchen vertraten, um mit den Fragenden ins Gespräch zu kommen. Zu ihnen gehört auch unsere Erika Wiener, die den Stand organisiert hat, unterstützt von unserem aktiven Mitglied Viktor Fritz und zeitweise auch von mir. Auch ein Vertreter der Kirche aus Polen ist anwesend.

Viktor und ich können mehreren Geschwister aus Niedersachsen einiges über den Wohnort ihrer Großeltern und ihrer Eltern erzählen, die ihnen viel von Bessarabien erzählt hatten. Sie selbst waren als Kinder und Jugendliche oft bei Freizeiten in Bookholzberg dabei gewesen und ihre Eltern hatten die Treffen dort besucht, aber von Bessarabien wussten sie kaum etwas. Der Ort hieß früher in Bessarabien Leipzig und erinnerte an die Völkerschlacht bei Leipzig und an das damalige Zarenreich, in dem die Bessarabier lebten, das dort Napoleon geschlagen hatte. Der Ort heißt heute Vesoli Kud und bedeutet in etwa „Lustige Ecke“. Als ich in Odessa gearbeitet hatte und zum Gottesdienst nach Ismael am Donaudelta gefahren bin, fuhr ich regelmäßig durch dieses sehr lange Straßendorf und sah dort auch die zerstörte Kirche. Für die Geschwister, die den Kontakt zum Bessarabiendeutschen Verein verloren hatten, war das Gespräch so etwas wie eine Nachhilfestunde in ihrer Familiengeschichte. Vielleicht haben wir dadurch neue Mitglieder gefunden.

Solche und ähnliche Gespräche führten auch die Vertreter der anderen Vereine am Stand, unter anderem ein Mann mit polnischen Wurzeln. „Vor allem die Gespräche mit den Gästen am Stand waren sehr interessant. Viele von ihnen waren Nachkommen der Umsiedler aus dem Warthegau, u.a. Galiziendeutsche. Vertreter der Deutsch-Polnischen Gesellschaft aus Holstein suchten Kontakte nach Posen, den Wunsch habe ich weitergeleitet“, erzählte Przemysław Zielnica, der extra nach Hannover gekommen war, aber eigentlich in Polen lebt.

Karl-Heinz Ulrlich

Kirchentag: Rückblick und Ausblick

Der 39. DEK in Hannover war ein Event – auch für uns, den Bessarabiendeutschen Verein.

Gemeinsam mit den Hilfskomitees der Schlesier, der Posener, der Pommern, der Galiziendeutschen und der Deutschen aus Polen, befanden wir uns am Stand des Konvents der ehemaligen evangelischen Ostkirchen. Der Konvent ist Mitglied der Aktion „Hoffnung für Ost europa“. Der Geschäftsführer, Herr Thorsteinsson, hat es sich nicht nehmen lassen, auch stundenweise an unserem Stand Dienste zu übernehmen.

Nach den Kirchentagen 2005 in Hannover, 2007 in Köln, 2009 in Bremen, 2011 in Dresden, 2013 in Stuttgart, 2015 in Hamburg, 2017 in Berlin, 2019 in Dortmund (2021 fiel der Kirchentag wegen Corona aus) 2023 in Nürnberg und 2024 den Christlichen Begegnungstagen in Frankfurt (Oder), war dies der 10. Kirchentagsstand, an dem wir, die Bessarabiendeutschen, teilnahmen.

Es kam wieder zu zahlreichen Begegnungen und freudigen Wiedersehen mit Freunden und Bekannten.

Ca. 70.000 Besucher kamen zum Kirchentag nach Hannover und viele auch zum Markt der Möglichkeiten. Ca. 25 Prozent aller Deutschen haben einen Vertriebenen oder Flüchtlingshintergrund und viele von ihnen sind in kirchliche Strukturen eingebunden, damit oft auch Kirchentagsbesucher. Das Interesse der heutigen Enkelgeneration an der Geschichte der Herkunftsgebiete ihrer Großeltern, an der Geschichte von Flucht und Vertreibung, wird zunehmend größer. Dies war auch beim Kirchentag zu beobachten. Gern gaben wir Auskunft und Hinweise auf unsere heutige Arbeit in Deutschland und in den Herkunftsgebieten.

Mit der Teilnahme an diesem Stand sprechen wir eine Klientel an, die oft noch nie etwas von unseren Organisationen gehört haben. Umso aufmerksamer und interessierten nahmen sie das für sie Neue auf. Deshalb habe ich die Hoffnung, dass wir durch die Präsenz am Kirchentag immer wieder neue und jüngere Menschen ansprechen und ihre Neugier auf unsere Arbeit wecken können.

Hoch erfreut nahm ich deshalb einen Antrag auf Mitgliedschaft im Bessarabiendeutschen Verein an.

So freuen wir uns auf den nächsten Kirchentag – 5. bis 9. Mai 2027 – in Düsseldorf und wünschen uns dann wieder viele interessierte Besucher.

Erika Wiener